Isolation #no.15

Die Isolation nervt. Es nervt nicht zu wissen wann es aufhört. Für viele mag es hart sein, für Menschen wie mich ist es härter. Isolation geht mit Depressionen einher. Wir halten uns von Menschen fern, oder von uns selbst. Wir isolieren Gefühle, Regungen, Ausdrücke, Wünsche, Geständnisse. Ich renne um mein Leben gerne- also nicht im sportlichen Sinne. Ich renne durchs Leben, verschiebe Probleme, laufe davon, hetze um mich am Leben zu halten und nicht zu versinken. Ich renne und renne. Aber jetzt ist alles anders. Ich fühle mich, als wäre mein Inneres nach außen gekehrt. Meine sonstige Gefühlswelt war sonst ein Teil von mir und meinem Inneren. Ich habe geschwiegen oder geredet, aber alles in meinem Ermessen. Ich konnte entscheiden wann ich die Dinge laut ausspreche und wann sie in mir versickern wie Regen im Schlamm. Aber jetzt ist alles voll davon. Voll von Meinungen, Nachrichten, neuen Erkenntnissen, Besserwissern und vor allem eins: Angst-Menschen.
Die Corona- Welle überkommt mich wie die Flut und ich stecke irgendwo im Sand fest. Es fällt mir schwer die Panik von außen anzuerkennen als etwas, was viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben erfahren- Existenzängste. Wie oft hatte ich bereits das Gefühl elendig zu verrecken oder zu versinken in Ungewissheiten meiner inneren Welt? Abertausend Mal. Und jetzt, wo sich erwachsene Menschen in Milchregalen quetschen, wo Einkaufswagen zur Abstandshaltung missbraucht und Atemschutzmasken zu Luxusartikel werden, frage ich mich was passiert ist. Sie waren alle immer so cool. Haben Dinge gesagt wie "das wird schon wieder" und "Kopf hoch, auch das geht vorbei" und jetzt sitzen sie zu Hause, verzweifeln, fühlen sich isoliert und geraten in Panik. Alles was passiert ist so laut und so schwer, wie mein Kopf, wenn ich mal wieder vergessen habe die Heizung über Nacht herunter zu drehen. Das einzige was mir bleibt ist zu hoffen, dass die Menschen anfangen werden meine Panik als das wahr zu nehmen was sie ist: unumgänglich, schwer und an meiner Seele kratzend. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass ein einziger Virus so einen Schaden anrichten kann und die Welt es soweit kommen lässt uns alles zu „verbieten“ was wir haben: unser Miteinander. Zugegeben ob man Menschen sieht und trifft ist nicht offiziell verboten, jedoch ist das ganze Internet voll von Meinungen darüber wieviel sozialer Kontakt in dieser Situation angemessen ist und was gar nicht geht. Ich lebe allein. Natürlich muss ich raus und jemanden sehen allein schon, weil mich die Depression immer wieder viel zu sehr mit mir gefangen hält. Bin ich deswegen falsch? Nein. Bin ich deswegen ein Risiko oder gefährde andere? Vielleicht. Aber was nützt es mir, wenn mein Inneres vor sich hin verrottet und ihr alle im Herbst wieder in den Urlaub fliegen könnt? Ich möchte, dass die Menschen sensibilisiert werden wie schwer es ist Jahrelang eine "Corona"-Panik mit sich herum zu tragen und ewig lang isoliert von anderen und von sich selbst zu leben- und das nicht nur ein paar Wochen! Ich möchte, dass andere erfahren wie es ist wenn man nicht einkaufen gehen kann, weil die soziale Angst einen daran hintert. Wenn diese Welle vorbei ist, werden sie wieder in Eiscafés sitzen, Party machen gehen, weiter Stigmatisieren und leben wie bisher. Wir werden uns erst wiederaufrichten müssen, Kräfte sammeln und uns Stück für Stück wieder neu erbauen und nicht mal dann ist es klar, ob diese Welle nicht eine Spur hinterlässt. Passt auf euch auf.

"L."

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