Ein neuer Tag #no.17

Ich wache auf und öffne die Augen. Es ist gegen 7:30 Uhr. Das bedeutet, dass mein Wecker erst in über einer Stunde klingeln wird. Es passiert mir nur sehr selten, vor dem Wecker aufzuwachen. Mein Herz schlägt schnell und schmerzt dabei. Ich fange an zu weinen. In letzter Zeit fällt es mir schwer, Zugang zu meinen Tränen zu finden. „Warum schlägt mein Herz immer noch? Ich will es nicht haben!“, schießt mir durch den Kopf. Das Weinen, welches ich still und leise beherrsche - ohne dass jemand etwas merken würde, wird auf einmal bitterlich. Schon wieder ein neuer Tag, den es zu überstehen gilt. Ein neuer Tag, in dem ich mit der ganzen Scheiße leben muss. Ein neuer Schicksalsschlag, der zu dem ganzen Haufen hinzugekommen ist und mit dem ich irgendwie umgehen muss. Ich weiß noch nicht wie, aber irgendwie wird es weiter gehen. Wie immer. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt will. Ich bin tieftraurig darüber, dass mein Herz noch schlägt, obwohl so viele darauf rumgetrampelt haben. Immer wieder. Wann hat der Schmerz endlich ein Ende? Wann finde ich jemanden, der mein Herz auf Händen tragen und beschützen möchte? Schutz – Das ist mein Problem und gleichzeitig mein größtes Bedürfnis. Es ist ein großes Loch in meiner Brust, weil ich mein Herz wieder zu bereitwillig abgegeben habe wie in einer Szene bei Alita Battle Angel. Aber wenn selbst ich mein Herz nicht haben will, wer soll dann behutsam damit umgehen wollen? Ich nehme mein Morgenmedikament und in mir wird es wieder dumpf und leer. Morgens und abends sind meine Depressionen meistens schlimmer, wenn oder weil ich mit mir alleine bin. Ich hoffe, dass meine Situation eine neue Erkenntnis hervorbringt. Das Leben ist ein ständiges Lernen. Zur Not kann ich einen Zufluchtsort in der Klinik suchen, wenn der Aufnahmestopp wegen Corona aufgehoben ist.
Das Gute ist: Es ist ein neuer Tag. Das Schlechte ist: Es ist ein neuer Tag.


„R.“

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