Der schwarze Spiegel #no.3

In der gängigen Folklore haben Vampire kein Spiegelbild. Weil ihre Zeit als normalsterbliches Wesen schon längst abgelaufen ist und ihrer ausgebleichten Haut eine auf Ewigkeit verdammte Seele innewohnt, sind sie es allem Anschein nach nicht Wert, ihrer eigenen Reflektion in die Augen blicken zu können.Der Spiegel spiegelt demnach eine unausgesproche, unangenehme Wahrheit wider — der Vampir kann, auch falls er mit größtem Erfolg einen harmlosen Mitmenschen mimen sollte, der Tatsache seiner eigenen Quasi-Nichtexistenz niemals entgehen. Die ausbleibende Reflektion ist der Anker, der den Vampir stets auf den Boden der Tatsachen hinabsinken lässt; ein loses Ende seines einst menschlichen Daseins, das niemals gekappt werden kann. Wäre ich ein Vampir, würde ich reflektierende Oberflächen im selben Ausmaß meiden wie Knoblauch und Kruzifixe.

Zum Glück bin ich kein Vampir — und zum Glück gibt es Vampire auch gar nicht. Aber es gibt Dinge, die (analog zum Leben als blutsaugender Untoter) den Erfahrungshorizont der meisten Menschen übersteigen.
Psychische Erkrankungen gehören mit Sicherheit dazu. Würde ich im Vampiruniversum in einen Spiegel blicken, wäre er tiefschwarz. Mein Abbild ist es nicht nur nicht wert gespiegelt zu werden, das physikalische Prinzip der Reflektion würde sich in sein Gegenteil verkehren und die verspiegelte Oberfläche die sechs Spektralfarben des Lichts absorbieren lassen. Ein Anblick, der selbst einen Vampir erschaudern ließe.

"Mnky"

Ganz schön dunkel da drin. (Quelle: archzine.net)

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